Bericht 2: Berlin - Regensburg 10.8.07 - 1.9.07; Kilometer: 640 - 2623;

Seit vier Wochen bin ich nun mit dem Tandem unterwegs durch Deutschland und kann jetzt auch sagen: „Ich bin auf meiner Reise angekommen!“

Ich bin auf meiner Reise angekommen – das bedeutet zum Einen, dass ich nicht vergesse einzukaufen, ich nicht zu wenig trinke und auch an den Sonntag denke, an dem Geschäfte geschlossen haben. Diese Dinge klingen zwar selbstverständlich, wenn man sie aber vernachlässigt, kann man schon mal kleinere Probleme bekommen. Ich fühle mich wohl auf meinem Radel, bekomme langsam die nötige Fitness und genieße jeden Tag aufs Neue.

Ich bin auf meiner Reise angekommen – dieses Gefühl festigte sich, nachdem ich den nördlichsten Punkt der Route (bei Hitzacker an der Elbe) hinter mir gelassen hatte und es nun auch endlich nach Süden ging. Jetzt schauen Interessierte nur noch erstaunt, wenn ich als Fahrtziel Kapstadt angebe und halten mich nicht mehr für total verrückt, da ich auch noch in die falsche Richtung fahre.

Ich bin auf meiner Reise angekommen – das bedeutet aber auch hauptsächlich, dass ich in Aachen offiziell gestartet bin. Am 18. August war es soweit. Einige Vertreter der örtlichen Presse und des Rundfunks hatten sich vor dem Misereor Gebäude eingefunden und warteten darauf, dass ich mit einer Gruppe von Radfahrern startete. Leider verzögerte sich der Start etwas, da zwei Speichen an meinem Tandem gebrochen waren. So beantwortete ich während des Reparierens alle Fragen der Redakteure und mit etwas Verspätung machte sich die Gruppe von 10 Radfahrern auf den Weg nach Köln. Michael Hippler, der Leiter der Afrika-Abteilung nahm auf dem hinteren Sitz des Tandems platz und testete dessen Afrikatauglichkeit.

 

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Was ist sonst noch seit meinem letzten Bericht geschehen?

In Berlin hatte ich schließlich meinen ersten Ruhetag. Es tat gut, mal das Tandem nicht zu bewegen und ein bisschen die Cafes und Kneipen von Berlin zu erkunden. Astrid kam mich besuchen und begleitete mich die nächsten vier Tage bis nach Hannover. Wir trotzten dem Regen und genossen das gemeinsame Radeln. Die Strecke führte uns durchs Havelland zur Elbe. Dieses flache Land war für uns Süddeutsche doch etwas ungewohnt, so warnte man uns vor Steigungen, die wir dann nur mit Mühe wahrnahmen. Eine ganz normale Autobahnbrücke wäre anspruchsvoller gewesen. Dennoch war es schön durch diese Gegend zu fahren. Die Dörfer und Städte waren zum Teil sehr schön hergerichtet und luden immer wieder zum Verweilen ein.

Von Köln aus folgte ich dem Rhein und dem Neckar nach Freiberg, bei Stuttgart. Einer meiner Sponsoren, KED, hatte mich eingeladen, die Produktion zu besichtigen. Wie aus Granulat, ein paar Formpressen, einigen Fräsen und viel Handarbeit die hochwertigen Helme entstehen, war interessant zu sehen. Ein Foto vor dem Werk für die örtliche Presse, durfte natürlich auch nicht fehlen.

Interviews für Zeitung und Radio waren in den letzten vier Wochen ein fester Bestandteil meiner Reise. Eine neue und ungewöhnliche Erfahrung für mich, so im öffentlichen Interesse zu stehen. Zum Beispiel wurde ich in Maulbronn von der Briefträgerin gleich angesprochen: „Von Ihnen habe ich doch heut’ in der Zeitung gelesen!“

In Maulbronn machte ich nicht nur Station um mir das UNESCO Weltkulturerbe, das Zisterzienserkloster, anzusehen, sondern durfte mich sogar nach dem Treffen mit dem Bürgermeister in das Buch der Stadt eintragen. Organisiert hatte dies der Verein Fun and Fairplay, dessen Frau eines Vereinspräsidenten eine Freundin meiner Freundin ist (so prägnant erklärte es das Mühlacker Tagblatt).
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Über die Schwäbische Alb ging es an die schöne blaue Donau, deren Flussverlauf ich voraussichtlich bis Linz (Österreich) folgen werde. Ich hätte nie von mir gedacht, dass ich mal so viele Flüsse-Radwege in Deutschland fahren würde. Ich hatte sie immer als flach und langweilig abgetan. Doch nun ist Zahl dieser Radwege groß, die ich befuhr und ich muss meine Meinung korrigieren: Es gibt wirklich sehr schöne Flussradwege! (Allerdings muss bei vielen noch an der Beschilderung und der Wegführung gearbeitet werden...)

Das Besondere an der Fahrt durch Deutschland waren aber für mich die Begegnungen mit den Menschen. Fast überall wurde ich gastfreundlich empfangen. Ich wurde des Öfteren zum Essen eingeladen, von anderen Radfahrern begleitet, die mir die schönsten Strecken in der Gegend zeigten und mir wurden kostenlose Unterkünfte angeboten. Dies ist nur eine kleine Aufzählung und ich könnte sie noch weiter fortsetzten. Mit so einer Herzlichkeit hatte ich zu Beginn meiner Reise nicht gerechnet. Ist doch das allgemeine Bild des typischen Deutschen ein Anderes. Aber diese Erkenntnis wird mich wohl weiter begleiten, denn den typischen Deutschen, Europäer oder Afrikaner gibt es so wohl nicht.
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